Kommentar zum Proseminar Wissenschaftslehre bei Fichte und Schopenhauer

J. G. Fichtes Zweite Wissenschaftslehre aus dem Jahr 1804 gilt als eines der schwersten Werke der Philosophiegeschichte, das selbst bei Experten häufig als dunkel oder ›hermetisch‹ verschrien ist; Schopenhauers Welt als Wille und Vorstellung hingegen als eines der einfachsten oder zugänglichsten Hauptwerke der Philosophie und soll daher besonders für Einsteiger gut geeignet sein. Das Seminar Wissenschaftslehre bei Fichte und Schopenhauer will mit beiden Vorurteilen aufräumen.

Ein Zugang zu Fichtes ausgereiftestem System verspricht der Begriff der Wissenschaftslehre, eine Art Einleitung, die erklärt, was eine jede philosophische Wissenschaft oder Wissenschaftslehre zu leisten hat und die auch Fichte jeder Wissenschaftslehre selbst vorangestellt hat. Daher soll im Seminar sowohl die 1794 verfasste gleichnamige Kurzschrift als auch der einleitende Plan zur Wissenschaftslehre 1804 besprochen werden, um dann zumindest den Einstieg in das Hauptwerk Fichtes zu wagen, das von sich behauptet, eine "vollständige Lösung des Rätsels der Welt und des Bewusstseins mit mathematischer Evidenz" geben zu können. Schopenhauer, der selbst Vorlesungen Fichtes besucht hat, verfasste im zweiten Band seines Hauptwerkes auch eine ›Wissenschaftslehre‹, die ebenfalls einen guten Einstieg in sein philosophisches System bietet. Dass Schopenhauer aber die Lösung des Rätsels der Welt bei seinen Vorgängern als eine Rechnung versteht, die nie aufgeht, impliziert schon dass bei den beiden Denkern, die häufig als Anbeginn und Abschluss der Epoche Klassischer Deutscher Philosophie angesehen werden, unterschiedliche Methoden und Herangehensweisen hinsichtlich der Systementwicklung vorliegen.

Das Ziel des Seminar ist es daher auch, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede hinsichtlich der Methoden und Zielsetzungen beider Denker herauszustellen und die Frage zu klären, was in der nachkantischen Philosophie eine Wissenschaft, bzw. Wissenschaftslehre ist, was sie kann und welche Möglichkeiten sie hat.

Empfohlene Literatur:

Primärliteratur:

  • J. G. Fichte: Über den Begriff der Wissenschaftslehre. Reclam (4 €, wünschenswert wäre, die Ausgabe bis zum Seminarbeginn zu besorgen, auch gute Einstiegsschrift)
  • J. G. Fichte: Zweite Wissenschaftslehre aus dem Jahr 1804 (Studienausgabe bei Meiner: Philosophische Bibliothek; Anschaffung wird in der ersten Stunde besprochen)
  • Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. Hrsg. v. Ludger Lütkehaus. (mehrere Auflagen)

Zur Einführung:

  • Rüdiger Safranski: Schopenhauer und die wilden Jahre der Philosophie. (mehrere Auflagen, insgesamt mehr biographisch als philosophisch, aber auch mit einigen Ausführungen zu Fichte)
  • Arseni Gulyga: Die klassische deutsche Philosophie. Ein Abriß (sehr einfache, aber gute Einführung in die Epoche und zu Fichte (S. 158-189; 260-275); leider fast nur antiquarisch zu finden, dafür aber zu erschwinglichen Preisen)
Zusätzliche Informationen:

Empfohlen wird der Besuch von Prof. Koßlers Kantvorlesung.